Sechs Sterne für Hilka Höveler-Klebsch
Reha-Ärztin finalisierte „World Marathon Majors“ mit künstlicher Hüfte aus dem Stift
Einmal im Leben Marathon laufen! 42,195 Kilometer. Für viele Dauerläufer ist diese Königsdiszplin ein Lebenstraum. Dr. Hilka Höveler-Klebsch hat sich dieses Ziel nicht nur einmal, sondern bereits 38mal gesteckt. Bei ihrem letzten Lauf in diesem Jahr ging sogar ein ganz besonderer Traum in Erfüllung: Mit dem Marathon in Tokio absolvierte sie den sechsten und damit letzten Lauf der „World Marathon Majors“. Damit gehört sie zu deutschlandweit nur 209 weiblichen „Six Star Finishern“, die innerhalb von zehn Jahren die sechs größten Marathonläufe in New York, Boston, Chicago, London, Berlin und Tokio absolviert haben.
Laufen gehörte für die Funktionsoberärztin im Reha-Zentrum am St. Josef-Stift schon immer zum Leben dazu. „Aber ich bin nie so viel gelaufen“, erzählt sie. Zum Marathon kam sie eher als Spätberufene in der Wettkampfklasse Ü40. „Ich habe mit meiner Familie elf Jahre in China gelebt. In Peking war es aufgrund der hohen Feinstaubbelastung nicht möglich, draußen zu laufen.“ Beim Laufbandtraining im Fitnessstudio fragte eine Australierin sie, ob sie nicht gemeinsam den Great Wall Marathon auf der Chinesischen Mauer laufen wollten. Gesagt – getan.
Damit war im Jahr 2004 der Grundstein für eine einzigartige Marathonleidenschaft gelegt. Seitdem läuft Hilka Höveler-Klebsch nahezu jedes Jahr zwei Marathonläufe: „Einen im Frühjahr und einen im Herbst, damit ich fit bleibe.“ Das Laufen führte die mittlerweile 66-jährige Medizinerin rund um die Welt. „Es macht mir einfach Freude, die unterschiedlichen Länder, Kulturen und Menschen kennenzulernen.“ Häufig begleitet sie ihr Mann, der als Fotograf bei den Reisen einen anderen Fokus hat, aber während der Läufe immer als Notfall-Backup ein Stück Sicherheit gibt.
„Jeder Lauf ist anders, und jeder Lauf hat seine besondere Geschichte“, denkt Hilka Höveler-Klebsch an viele besondere Marathonevents. Schlaglichtartig zählt sie auf: Athen ist die Mutter aller Läufe und begründete die Tradition im Jahr 490 vor Christus. Der Jerusalem-Marathon war mit 1.000 Höhenmetern auf dem Ölberg sehr herausfordernd. In Singapur war es die feuchte Hitze. In New York, ein Marathon mit 50.000 Läufern, musste sie bei knackigen Minusgraden drei Stunden warten, bis ihr Starterfeld auf die Strecke durfte. In München genoss sie einen Gänsehautmoment beim Zieleinlauf ins Olympiastadion. Ihr Lieblingsmarathon ist aber der Münster-Marathon: „Morgens gemütlich mit dem Fahrrad zum Start radeln, auf der Strecke dann viel Musik, viel Anteilnahme, gute Versorgung und viel Landschaft und ein toller Zieleinlauf unter dem Fähnchenhimmel auf dem Prinzipalmarkt.“
Besonderen Reiz übte für sie aber der Boston-Marathon aus: „Boston war der erste Marathon, bei dem im Jahr 1967 erstmals eine Frau inkognito an den Start gegangen ist. Als ihre Tarnung auffiel, stellten sich alle Läufer vor sie. Seitdem sind Frauen auch beim Marathon zugelassen, was bis dahin verboten war. Es war mir als Frau wichtig, hier zu laufen.“ Die Qualifikation für den Bostoner Lauf erwarb sie 2019 beim Münster-Marathon, den sie mit zwei ihrer vier Kinder absolvierte und als Zweitbeste in der Gruppe W60 lief.
Doch dann kam Corona. Alle Läufe wurden abgesagt. Für Hilka Höveler-Klebsch lief buchstäblich die Zeit davon. 2014 hatte sie in New York ihre Challenge mit dem „Abott World Marathon Majors“ gestartet. 2015 folgte Berlin. Bis 2024 hatte sie für die fehlenden vier Läufe Zeit. Erst im April 2022 war ein Start in Boston möglich. Doch hier gab es einen erneuten Rückschlag. Sie kam zwar durchs Ziel, aber: „Ich merkte, dass irgendetwas mit meiner Hüfte nicht stimmte.“ Und richtig: Ein anlagebedingter Hüftschaden, den sie durch ihre Sportlichkeit und den guten Muskelaufbau bisher gut kompensieren konnte, meldete sich. Eine Versorgung mit einem künstlichen Hüftgelenk wurde unumgänglich.
Im Sommer 2022 ließ sie ich im St. Josef-Stift von Dr. Frank Horst an der rechten Hüfte operieren. Kaum zu glauben: Bereits dreieinhalb Monate später lief sie im Oktober 2022 den Marathon in Chicago. Im April 2023 folgte dann der London-Marathon und als letztes fehlendes Glied in der Medaillenkette im Frühjahr 2024 der Tokio-Marathon. Just in time schaffte sie damit ihr selbstgesetztes Ziel: Überglücklich und vor allem schmerzfrei überquerte sie vor der traumhaften Skyline von Tokio den Zielstrich.
Doch wie sind solche Ausdauerlaufleistungen möglich? Parallel zu Familie und Beruf? Nicht von ungefähr gilt Marathonlauf als sehr zeitaufwändiger Sport mit teilweise sehr langen Trainingsläufen von mehr als 30 Kilometern. Viele Marathonläufer schwören darauf, um den Körper auf die Umstellung des Stoffwechsels vorzubereiten, wenn ab Kilometer 30 der „Hammermann“ an der Strecke lauert und buchstäblich den Energie-Stecker zieht. „Mir geht es beim Laufen nicht mehr um die Zeit. Ich stresse mich nicht mit den langen Läufen. Ich mache fast jeden Tag eine Sporteinheit – es muss mir Spaß machen und muss nicht immer anstrengend sein“, erklärt Hilka Höveler-Klebsch. Ihr Prinzip: Sie setzt auf eine gesunde Mischung aus Läufen draußen in der Natur, gelenkschonendes Ausdauergerätetraining mit Crosstrainer und Stepper, Stabilitätstraining sowie auf gezielte Stärkung der Körpermitte mit Pilates und Yoga. Dem Hammermann setzt sie ihre ganz persönlichen Mantras entgegen und achtet vor allem seit ihrer Operation noch mehr auf eine gelenkschonende Lauftechnik und Muskelaufbau: „Ich habe hart daran gearbeitet, Muskulatur aufzubauen und habe gelernt, im Einklang mit meiner Hüfte zu laufen.“
Was sich so einfach anhört, folgt dem medizinischen und sportwissenschaftlichen Wissen, das sie auch aus ihrer Tätigkeit im Reha-Zentrum kennt. Aber auch ihrem sehr guten Gefühl für den eigenen Körper: „Ich laufe ohne Sportuhr und habe ein gutes Gespür für meinen Puls.“ Unbedingte Voraussetzung für ambitionierte Hobbysportler: „Regelmäßig eine sportmedizinische Untersuchung, um die eigenen Belastungsgrenzen zu kennen.“
Nach ihrer erfolgreichen Sechser-Medaille hat sie sich schon ein neues Ziel ausgeguckt. Die sechs größten europäischen Halbmarathons reizen als neue Herausforderung, um Laufen und Reisen unter einen Hut zu bekommen.